Für Hund und Katz ist auch noch Platz - kultur 98 - Juli 2013

Für Hund und Katz ist auch noch Platz im Jungen Theater: Himmlisches Vergnügen

Die Schauspieler laufen schon vor der Vorstellung auf der Bühne und im Zuschauerraum herum, improvisieren, spielen Verste­cken und sprechen das Publikum an. Das wird auf diese Weise ganz allmählich in die Geschichte hineingezogen. Für Hund und Katz ist auch noch Platz der Grüffelo-Erfinder Julia Donaldson und Axel Scheffler richtet sich an Kinder, die die Bühnenwirklichkeit noch nicht trennen können von ihrer eigenen. Sie kennen die Spieler also schon, bevor es dunkel wird im Theater. Tiefe Nacht sogar mit einem riesigen Vollmond. Wenn die beiden Männer der munteren Truppe nicht so heftig schnarchten, könnte man nun träumen. Doch am Firmament erscheint ein seltsamer Komet: Vielleicht tatsächlich eine echte Hexe auf ihrem Besen?
Die Inszenierung von Toby Mitchell (für das JTB szenisch einstudiert von Lajos Wenzel) lässt nie einen Zweifel daran, dass alles nur gespielt ist. Die deutschsprachige Erstaufführung des in England kürzlich für den Olivier-Award nominierten Kinderstückes Room on the Broom ist nach den beiden Grüffelo-Stü­cken bereits die dritte Koproduktion des Jungen Theaters Bonn mit der von Toby Mitchell und Olivia Jacobs geleiteten Londoner Company Tall Stories.
Im zauberhaften Bühnenbild von Morgan Large, der zudem die fantastischen Kostüme entworfen hat, wachsen Besen aus den Bäumen. Hexen benutzen bekanntlich Besen als Fluggeräte. Die temperamentvolle Andrea Brunetti ist eine richtig nette Hexe. Sie kann zwar nur mäßig zaubern und überlässt die Navigation gern ihrer Katze, hinreißend witzig gespielt von Katharina Felschen. Ein böser Drache irgendwo am Ende der Welt ist das aktuelle Flugziel. Da vergeht selbst einer tapferen Besenpilotin das Schnurren. Aber Fliegen ist toll, und wenn man singend und tanzend so munter abhebt wie das ganze Ensemble (diesmal nur die erwachsenen Profis des JTB), wird daraus eine himmlische Show.
Dem wuscheligen kleinen Hund, der brav den weggeflogenen Zauberhut der Hexe apportiert, gleich einen Platz auf dem Besenstiel einzuräumen, findet die Katze freilich etwas übertrieben. Zumal dieser blöde Köter auch noch einen Umweg zum Mond verlangt. Riesenspaß machen die von Yvonne Stone gestalteten Tierpuppen, herrlich komisch zum Leben erweckt von den Schauspielern Jan Hermann (Hund und Frosch) und Bernard Niemeyer (Vogel). Die grün schillernd gefiederte Diva hat ihren Zugvogelschwarm in den Süden verpasst und möchte auf dem Düsenbesen zum Strandurlaub sausen. Am verrück­testen ist jedoch der Frosch auf der Flucht vor dem fiesen Kussmund einer Prinzessin. Außerdem verfügt das zwielichtige Kerlchen über einen solch kriminellen französischen Akzent, dass sogar der Hund fremdsprachig zu bellen beginnt. Leider bringt das Frosch-Leichtgewicht ein paar Gramm zu viel auf den Besen. Der Absturz im Sumpf ist zwar weich, aber dort hat ein feuerroter Drache (Bernard Niemeyer) kannibalischen Appetit auf Hexe mit Pommes. Oder auf gegrillte Kinderwurst mit Kompott!
Glücklicherweise hat die Hexe im Flug ein paar animalisch schlaue Freunde gewonnen, die den Drachen in die Flucht schlagen. Und mit dem gemeinsam herbeigezauberten neuen Luxus-Hexenbesen ist der sichere Rück­flug für alle Passagiere garantiert. Das fabelhaft präzis agierende Schauspielerquartett sorgt zudem dafür, dass das kindliche Publikum nach dem fantastischen Höhenflug in die Magie des Theaters wieder in der Wirklichkeit ankommt. Die atemberaubend lustige Flugstunde macht jedoch auch Eltern und Großeltern so viel Vergnügen, dass beim nicht enden wollenden Premierenapplaus fast schon Anschnallpflicht galt. Das bezaubernde Familienstück bleibt selbstverständlich auch in der nächsten Saison auf dem Spielplan. E.E.-K.

Spieldauer ca. 60 Minuten, keine Pause
geeignet für Zuschauer ab 4 Jahren.
Nächste Termine: 6.07./7.07./8.09.2013

Dienstag, 10.12.2013

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