Stimmung - kultur 62 - Januar 2010

Gehirn einschalten! - Stimmung: Richard Rogler im Haus der Springmaus (21.11.09)

In seinem Programm (Premiere am 6.11. in der Kölner Comedia) Stimmung hält Richard Rogler (*1949), seit gut 20 Jahren einer der Meister des politischen Kabaretts, der deutschen Gesellschaft ihre in sich gekehrte Politikverdrossenheit vor. Die neue schwarz-gelbe Regierung formiert sich, teils in fragwürdiger Weise, über vieles ließe sich trefflich dis­kutieren. Aber der deutsche Akademiker (Bildungsbürger?) zieht sich ins Private zurück und widmet sich Freizeitbeschäftigungen wie dem Einkochen von Marmelade, dem neuen Hobby „crafting“ (Handarbeit) oder macht sich nach dem Motto „Wir machen alles selber“ nach dem Besuch im Baumarkt mit Plastikdübeln und Hammer an den eigenen vier Wänden zu schaffen. Gleichzeitig sind früher selbstverständliche Dinge es heute nicht mehr: z.B. das Aufziehen von Kindern. Späte Eltern sind mit ihrem lebhaften (ADS!) Wunschkind François-Benedetto, das an Allergien leidet und natürlich zu den 1,5% des hochintelligenten Nachwuchses gehören muss, völlig überfordert. Und auch von einem Bio-Iberico-Schwein wird berichtet, das ein langes Leben in einer Leverkusener Designerwohnung verbringt, weil Herrchen und Frauchen sich doch nicht auf die vorgesehene Torero-artige Schlachtungstechnik verstehen. Wer keine Sorgen hat, sucht sich welche. Aber hätten wir nicht eigentlich genug Einsatzorte für kritische gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Bürgerengagement, und ist die Flucht ins Private nicht allzu bequem? Rogler kitzelt diese Stimmung in einem tagesaktuellen, kritischen, pointenreichen Programm hervor. J.S.

Mittwoch, 05.01.2011

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