Die Brücke - kultur 31 - November 2006

Brisante Brücke von Remagen - Die Brücke von Walter Ullrich

Als Walter Ullrich, Intendant des Kleinen Theaters Bad Godesberg und der Landesbühne Rheinland-Pfalz, sich 2005 spontan entschloss, aus dem Roman von Rolf Palm das Stück Die Brücke zu machen, war Günter Grass' Geständnis seiner Zugehörigkeit zur Waffen-SS als Medien-Ereignis noch nicht zu ahnen. Ullrich, der selbst noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs zum Volkssturm eingezogen wurde, hat Zeitzeugen aus der Gegend um Remagen und Erpel befragt und aus den Dokumenten eine 75-minütige Szenenfolge entwickelt, die die ganze Absurdität des Krieges aufdeckt. Der junge deutschstämmige amerikanische Leutnant Timmermann (René Oltmanns) erzählt von dem Vormarsch der Alliierten an den Rhein und dem Wunder von Remagen: Die Brücke, in deren Remagener Stumpf inzwischen ein Friedensmuseum eingerichtet ist, hielt den Sprengungsversuchen der Deutschen stand, was den Amerikanern den Durchmarsch nach Osten ermöglichte und den rechtsrheinischen Dörfern die bereits geplante grausame Zerstörung ersparte. Regisseur Ullrich lässt die dramatischen und teilweise grotesken Ereignisse in der Kommandatur des linksrheinischen Brückenkopfes lebendig werden. Der joviale Hauptmann Bratge (Heiko Haynert) und der zynische Brückenoffizier Friesenhahn (Karl-Heinz Dickmann) glauben längst nicht mehr an den Endsieg, der tapfere Feldwebel Kleebach (André Wittlich) tut seine Pflicht, der junge Major Scheller (Matthias Kiel) wird ihnen vor die Nase gesetzt und später von Hitlers Fliegendem Standgericht erschossen. Die Hitlerjungen und Flakhelfer schwanken zwischen kindlicher Naivität, glühender Begeisterung und Resignation. Die verzweifelten Zivilisten suchen Schutz im Eisenbahntunnel unter der Erpeler Ley. Ullrich entwickelt Typen aus den realen Figuren, darstellerisch eindimensional, aber in ihrer Gesamtheit höchst berührend. Im Schlosstheater Neuwied und vor allem am Originalschauplatz in Erpel waren die Vorstellungen schnell ausverkauft. Sogar die Zeitschrift Die deutsche Bühne berichtete darüber. Zu Recht: Es ist eine lokale Geschichte mit gesamtdeutschen Dimensionen. Die Brücke ist Dokumentartheater im besten Sinn und zudem ein überzeugendes Anti-Kriegs-Plädoyer, dem viele junge Zuschauer zu wünschen sind.
Die Theatergemeinde bemüht sich darum, das Stück für ihre vielen (jugendlichen) Mitglieder nach Bonn zu holen. Auf die Bühne im Kleinen Theater passt es leider nicht. E.E.-K.

Aufführungsdauer: 75 Minuten ohne Pause
Im Programm: Eventuell im Herbst 2007

Mittwoch, 24.01.2007

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