Mertens-Schaaffhausen, Sibylle: La principessa tedesca

kultur Nr. 63 - Februar 2010

Ist Ihnen auch schon mal der Gedanke gekommen, dass wir nichts, aber auch gar nichts wüssten von vergangenen Zeiten, wenn die Menschen sich nicht fortwährend geschrieben hätten, oft mehrmals am Tage? Von uns, von Telefonanrufen, e-mails, SMS´s oder Faxen bleibt nichts übrig und erhalten! Wie also wird man in zweihundert Jahren wissen, wie wir im Jahre 2009 gelebt haben?
„Rheingräfin“ nannte man Sibylle Mertens-Schaafhausen in Deutschland und „la principessa tedesca“ in Italien. Sie war Mäzenin, Sammlerin, Archäologin, Kunstkennerin par excellence, sie wurde 1797 in Köln geboren und kostete ihre Mutter das Leben. Die Familie war sehr reich, besaß Güter, Schlösser, Burgen, u.a. den „Auerhof“ in Plittersdorf nahe Bonn, der in ihrem Leben eine große Rolle spielen wird.
Die neue sehr junge Frau, die ihr Vater heiratet, wird nie eine Mutter für sie werden, sie zieht sich in sich selbst zurück, bleibt verschlossen und sehnt sich nach Wärme und Liebe.
Als sie auf Wunsch ihres Vaters mit 19 Jahren heiratet, schnell nacheinander sechs Kinder zur Welt bringt, wird die Sehnsucht nicht gestillt. Die Ehe ist unglücklich, ihr Mann versteht sie nicht, er ist ein Geschäftsmann.
So flüchtet sie schließlich in die Kunst und bringt es zu erstaunlicher Kennerschaft. Und sie schließt Freundschaft mit drei Frauen, gleich ihr einsam und unzufrieden, klug und sogar berühmt: Ottilie von Goethe, die
Schwiegertochter des Dichterfürsten, Annette von Droste-Hülshoff, die Dichterin und Adele Schopenhauer, Malerin, Dichterin, Schriftstellerin, Schwester des Philosophen gleichen Namens.
Es gelingt ihr, ihrer Sehnsucht nach Italien zu folgen, auch dort schließt sich ein Kreis bedeutender Männer und Frauen um sie, auch da bleibt sie im Wesentlichen allein, kehrt zurück, und immer wieder hin.
Als sie 1857 in Rom stirbt, hinterlässt sie Sammlungen von immensem Wert, doch haben ihre Schwiegersöhne ihr vorher alles abgenommen, was ihr lieb war. Auch die Freundinnen sind verstorben.
Welch ein Leben ! Voller Glanz und Tragik ..... kaum einer kennt heute
ihren Namen und ihr Schicksal, geschweige denn ihr Verdienst um die Kunst.
Diese unendlich genau recherchierte Biographie mag diese außergewöhnliche Frau endlich in ein rechtes Licht rücken! Aber wie habe ich eingangs gesagt? Wenn sie nicht alle so fleißige Briefeschreiberinnen gewesen wären, sie wären doch längst vergessen, und niemand könnte sie in unsere Bewunderung und in unser Mitleid zurück holen.

La principessa tedesca
Sibylle Mertens-Schaaffhausen
von Gabriele Büch,
Bouvier Verlag, März 2009 ,
400 Seiten, gebunden, 24,90 €.

Dienstag, 11.01.2011

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