Hosseini, Khaled: Drachenläufer

kultur 31 - November 2006

Wenn ein Buch, das von einem hier unbekannten Autor mit einem wenig aussagenden Titel geschrieben wurde, in nur einem Jahr sieben Auflagen erlebt, wenn es mir von zwei ganz verschiedenen Seiten dringend zu lesen empfohlen wurde, dann kann ich es Ihnen doch nicht vorenthalten?
„Eine Geschichte, die wohl kaum einen Leser unberührt lassen wird“, schrieb die Neue Zürcher Zeitung - „ein kleines literarisches Wunder“ eine andere. Beides unterschreibe ich gerne.
In Afghanistan wachsen die beiden Freunde Amir und Hassan auf. In den 70er Jahren, vor dem Krieg, dem Einmarsch der Russen, beginnt ihre Geschichte, beide sind 12 Jahre alt. Hassan, der nicht lesen und schreiben kann, ist der Diener des Amir, sein Vater der des Vaters von Amir, der ein reicher Mann ist. Die Väter und Söhne verbindet jeweils innige Freundschaft, bis Amir sie verrät, aus Feigheit und Schwäche. Hassans unerschütterliche Loyalität beschämt ihn zusätzlich, er wird sein ganzes künftiges Leben an seiner Tat oder vielmehr der Unterlassung einer solchen leiden.
Das ist das Thema des Buches: die Schuld, die Verdrängung, das Eingeständnis vor sich selbst, das Erwachsenwerden mit dem Wissen, versagt zu haben, das auch dadurch schwierige Verhältnis zum Vater, die Flucht in die USA und der Neubeginn dort, Studium, Heirat, Tod, Einsamkeit, und endlich, nach dreißig Jahren, doch die Heimkehr, die keine sein kann, weil auch das Land zerstört ist. An Hassans Sohn, der als einziger überlebt hat, versucht Amir eine Wiedergutmachung. Sie finden sich - vielleicht - mit einer winzigen Hoffnung beim Drachenlaufen, einem sportlichen Spiel, das auch die afghanischen Emigranten in den USA pflegen. Es ermöglicht dem kinderlosen Amir eine Annäherung an den traumatisierten Waisen Suhrab.
Das Buch schließt mit der Andeutung eines Lächelns, und ganz bestimmt wird es Sie - wie mich - nicht unberührt lassen.

Drachenläufer,
von Khaled Hosseini,
Berliner Taschenbuch Verlag,
August 2006,
384 S.,
kartoniert, 10,50 €.

Donnerstag, 19.01.2012

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