De Carlo, Andrea: Wenn der Wind dreht

kultur Nr. 41 - November 2007

„Ein witziger und beunruhigender Roman“, so bewirbt ihn der Verlag, „ein Porträt unserer Zeit mit einer einzigartigen Beobachtungsgabe“.
Es geht hier um eine Handvoll Menschen, die gemeinsam unterwegs sind, um Häuser anzusehen, die ihnen ein Immobilienmakler verkaufen und eben zunächst zeigen will. Sie leben in Mailand und fahren in die „unberührte“ Landschaft, wo sie Ruhe und Entspannung von ihrem hektischen Alltag finden wollen. Sie sind reich und erfolgsgewohnt, eine Fernsehmoderatorin, ein Ehepaar (sie Lektorin, er Architekt), ein geschiedener Mann, der einen Platz sucht, wo er mit seinen Kindern zusammensein kann, und der Makler. Sie alle sind abhängig von ihren Handys, sind ruhelos, gestresst, nervös, kennen sich kaum oder gar nicht und sind unterwegs als eine Zweckgemeinschaft. Aber sie kommen nicht an, sie haben einen Unfall in unwegsamem Gelände, als es schon dunkelt und heftig regnet und landen durchnässt, missmutig, erschöpft bei den einzigen Häusern, die sie nach stundenlangem Fußmarsch finden und bei Menschen, die dort alternativ ohne moderne Errungenschaften leben und sie eigentlich gar nicht reinlassen wollen. Das Schlimmste: Die Handys haben kein Netz, die vertraute Welt bleibt fern.
3 Tage müssen sie bleiben, 3 Tage, die jeden einzelnen von ihnen verändern und alles infrage stellen, was bisher wichtig war. Das ist lesenswert und vor allem nachdenklich machend. Zwei extreme Welten, die auf einander prallen und dies keineswegs in freundschaftlicher Atmosphäre. Menschliche Begegnungen trotz scheinbarer Verständnislosigkeit, zumindest aber größter Schwierigkeit, einander zu begreifen, lassen verkrustete Muster aufbrechen und jeden von ihnen verändert (oder gar nicht) zurückkehren.

Wenn der Wind dreht
- von Andrea de Carlo,
Diogenes, April 2007,
432 S., gebunden,
22,90 €.

Mittwoch, 05.01.2011

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