Davys, Tim: Amberville

kultur Nr. 55 - März 2009

An sich scheint das nun gar nichts Besonderes zu sein: Der Piper-Verlag hat seit einigen Jahren eine Reihe, die er NORDISKA nennt, und wo die zur Zeit so dominierenden skandinavischen Kriminalromane erscheinen. Das Ungewöhnliche an diesem Buch ist, dass niemand außer dem schwedischen Verlag den Autor kennt, dass Amberville das erste Buch des Autors (oder der Autorin???) ist und dass weitere Fälle aus dieser fiktiven Stadt folgen sollen. Noch ungewöhnlicher sind allerdings die Hauptfiguren, die nicht geboren, sondern „geliefert“ werden, denn sie sind allesamt Kuscheltiere mit originellen Namen.
Die Eltern müssen einen Antrag stellen und werden dann vielleicht berücksichtigt, oder nicht.
Eine selten scheinende Verbindung, zwischen einem Hund und einer Nashorn-Dame, bekommt Zwillinge, zwei total gleiche Teddybären... Scheint Ihnen das ein bisschen verrückt, um es vorsichtig auszudrücken?
Die beiden Brüder sehen zwar gleich aus, sind es aber nicht; vielleicht ist es doch nur einer? Einer sucht das Gute und nur das; der andere ist ein Draufgänger und bekommt den Auftrag, die „Todesliste“ zu finden und einen Namen darauf zu streichen; denn so, wie sie „geliefert“ werden, werden die Tiere irgendwann „abgeholt“ und zur Müllhalde gebracht.
Was scheinbar nur komisch wirkt, ist ungeheuer hintersinnig, wenn man sich darauf einlässt; das muss man allerdings. Ich rate Ihnen dazu. Unser aller Probleme und Leben werden hier einmal in eine Form gebracht, die neu ist – nein, falsch, bloß die Form ist neu oder eben anders, die Fragen und die Suche und die Fehler und Schwächen sind ganz die unseren. Ich glaube, das ist es, was dieses Buch lesenswert macht und einen über das Lesen hinaus beschäftigt. Sollten Bücher so sein? – Ach, noch etwas, ein herkömmlicher „Kriminalroman“ ist es nicht wirklich, nicht dass Sie enttäuscht werden!

Amberville
Kriminalroman von Tim Davys,
Piper, August 2008,
382 Seiten, gebunden,
19,90 €.

Mittwoch, 05.01.2011

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