Xenia Snagowski - kultur 35 - 3/2007

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft trifft Xenia Snagowski - Nora, Orsina und eine französische Pfeffermühle

Seit dieser Spielzeit ist Xenia Snagowski Mitglied im Bonner Schauspiel-Ensemble. Als Ibsens Nora in der Inszenierung von Klaus Weise hatte sie in den Kammerspielen einen fulminanten Einstieg. „Das ist schon fantastisch, wenn man gleich so gut in einer so erfolgreichen Produktion ankommt.“ Ihre erste Rolle in Bonn war es nicht. 2005 hat sie bereits in der Regie von Klaus Weise als Gast das 15-jährige Mädchen Beenina in der deutschsprachigen Erstaufführung von Lars Noréns Krieg gespielt und mit ihrer eindringlichen Darstellung von Kindheitsverlust, Wut und Weltverachtung auf sich aufmerksam gemacht.
An diesem Vormittag kommt sie gerade aus einer Kindervorstellung von Der Lebkuchenmann, wo sie in der Regie von Kalle Kubik als kokette Mademoiselle Pfeffer über die Kammerspielbühne wirbelt und mit charmantem französischem Akzent das Leben im Küchenregal aufmischt. „Für Kinder zu spielen, hat mir immer schon viel Spaß gemacht. Ein bisschen hilft dabei auch, dass ich nach dem Abitur erst mal ein Jahr lang eine Sozialassistenten-Ausbildung in einem Kindergarten gemacht habe.“
Geboren wurde Xenia 1977 in Moskau. Ihre aus dem Erzgebirge stammende Mutter lernte dort beim Geologie-Studium einen russischen Kommilitonen kennen und lieben. Ihre ersten Lebensjahre verbrachte Xenia zumeist bei ihren Großeltern in Jalta auf der Halbinsel Krim. „Die Gegend am Schwarzen Meer ist wirklich wunderschön. Ich besuche meine Großeltern dort - heute gehört das ja zur Ukraine - immer noch gern und spreche dann nach ein paar Tagen auch wieder fließend Russisch.“ Nach ihrem Studienabschluss zogen die Eltern nach Deutschland. Xenia ging in Gera zur Schule und machte dort 1995 ihr Abitur. Den Plan, Schauspielerin zu werden, hatte sie erst kurz vorher gefasst, nahm sich bei der Arbeit im Kindergarten aber noch ein bisschen Bedenkzeit und bekam 1997 einen der begehrten Studienplätze an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock. Schon während des Studiums spielte sie 1999 die weibliche Hauptrolle in der Verfilmung von Thomas Brussigs Roman Helden wie wir (Regie: Sebastian Petersen). „Wir haben in den Semesterferien gedreht, weil ich ja nichts von meiner Ausbildung versäumen wollte.“ Kleinere Rollen in Kino- oder Fernsehfilmen hat sie später immer mal wieder übernommen, aber ihre Leidenschaft gehört der Bühne mit dem direkten Kontakt zum Publikum.
Nach dem Diplom 2001 kam das übliche Vorsprechen überall. Und ziemlich bald ein Anruf vom Hamburger Thalia-Theater, wo eine Louison in Molières Der eingebildete Kranke gesucht wurde. Xenia wurde unter mehreren jungen Bewerberinnen ausgewählt für die Inszenierung von Leander Haußmann, dessen Vater Edzard die Titelrolle spielte. „Es war eine tolle Erfahrung, gleich am Thalia an der Seite berühmter Kollegen gastieren zu dürfen.“
Kurz darauf folgte ein erstes festes Engagement an den Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld und Mönchengladbach. „Die suchten dringend einen Ersatz für eine junge Schauspielerin, die wegen eines Filmprojektes aus ihrem schon unterschriebenen Vertrag ausgestiegen war. Ich habe erst später erfahren, dass es Patrycia Ziolkowska war, die ich dann in Bonn kurz wieder traf. So schließen sich manchmal die Kreise.“ Von 2001 bis 2003 spielte Xenia in Krefeld etliche große Rollen wie die Agnes in Kleists Familie Schroffenstein und die Marie in Goethes Clavigo. Für die Rolle der Nadja in der Uraufführung von Katharina Schlenders' Stück Trutz in der Regie von Thilo Voggenreiter wurde sie von „Theater pur“ 2002 zur besten Nachwuchsschauspielerin gekürt.
Nach zwei Jahren hatte sie dennoch den Eindruck, etwas Neues suchen zu müssen und kündigte ihren Vertrag in Krefeld. „Es war dann ein Glücksfall, dass man sich in Hamburg an mich erinnerte. Dort fiel die Darstellerin von ‚Ronja Räubertochter' wegen Schwangerschaft aus. Ich bin kurzfristig eingesprungen und hatte einen Riesenspaß in dieser Rolle und an der ganzen turbulenten Kindergeschichte.“ Xenia blieb in der Spielzeit 2003/04 als Gast am Thalia-Theater und wirkte noch in vier anderen Stücken mit, z.B. in der Uraufführung von Dog Eat Dog von Nuran Calis in der Regie von Annette Pullen und mit derselben Regisseurin in Learning Europe, einem Projekt von Armin Petras.
Danach folgte eine ziemlich harte Zeit: „Wenn du arbeitslos bist, verlierst du leicht dein Selbstvertrauen. Klar: Talent und Leidenschaft für den Beruf sind wichtig, aber vieles ist auch einfach Zufall oder - positiv gesagt - Glück.“ Mit ihrem Lebensgefährten Kay Voges hat sie in dieser Zeit in Krefeld, wo die beiden wohnen, das freie Theater „Neue Bühne Krefeld“ gegründet und in Voges' Regie 2006 die Uraufführung des Monologs Nico - Sphinx aus Eis von Werner Fritsch erarbeitet. „Es ist eine tolle, fast lyrische Sprache.“ Sie wurden damit als eine der besten freien Produktionen für das Festival „Theaterzwang“ in Dortmund ausgewählt. Xenia studiert gerade noch einmal den Text, weil sie am 3. Februar damit beim Festival „Lied.Gut“ im Ringlokschuppen Mülheim auftritt. Genau an dem Abend zwischen zwei Aufführungen von Lessings Emilia Galotti in den Kammerspielen. Dort spielt sie in Kay Voges' zwiespältig aufgenommener Inszenierung die Gräfin Orsina. „Im Gegensatz zu Nora, die ja erst mal erwachsen werden muss, hat diese bei uns auch recht jung angelegte Frau eine eigene Geschichte. Und sie hat einen ganz klaren Verstand, durchschaut die Psyche der anderen und reagiert präzis darauf. Sie ist eigentlich die einzige Repräsentantin der politischen Aufklärung.“
Als Nächstes steht Shakespeares Sommernachtstraum auf ihrem Programm. Klaus Weise inszeniert das Werk in der Halle Beuel (Premiere ist am 29. März). Xenia spielt die Elfenkönigin Titania und die Amazonenkönigin Hippolyta. In Beuel hat Xenia ein kleines Zimmer, weil sie bei ihren vielen Auftritten und Proben in Bonn nicht dauernd nach Krefeld fahren kann. Heute hat sie allerdings einen großen Rucksack geschultert und macht sich zum Godesberger Bahnhof auf: „Die beiden Kinder von Kay (13 und 6 Jahre alt) freuen sich schon, mich nach drei Wochen mal wieder zu sehen.“

Dienstag, 25.02.2014

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