Mark Morouse - kultur Nr. 36 - April 2007

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Mark Morouse - Mozart, Salzburg und ein Amerikaner in Bonn

Als Klaus Weise 1991 in Oberhausen die Kündigung des jungen Bariton-Solisten Mark Morouse unterschrieb, konnte er nicht ahnen, dass er den Sänger mehr als ein Jahrzehnt später zu den Stützen seines Bonner Opern-Ensembles rechnen würde. In Oberhausen wurde damals die Oper geschlossen, Klaus Weise übernahm das Schauspiel. Als Generalintendant und Opernregisseur in Bonn hat er den Sänger wieder getroffen. Mark Morouse spielt in Weises erfolgreicher Inszenierung von Le Nozze di Figaro den Grafen Almaviva. Mark fand 1991 sofort eine neue Stelle und ging mit einem Solo-Vertrag als lyrischer Bariton ans Theater Krefeld-Mönchengladbach, wo er sich zahlreiche Partien dieses Stimmfachs erarbeitete. Und als Zar in Lortzings Zar und Zimmermann seine Frau Nina kennenlernte, die als Statistin mitwirkte.
Geboren wurde Mark Morouse 1963 in der amerikanischen Industriestadt Detroit und fand mit neun Jahren Gefallen an Schlagzeug und Klavier (Klassik und Jazz). Er spielte in verschiedenen Schulbands und bekam leihweise eine Bassposaune, die schnell zu seinem Lieblingsinstrument wurde. Als er sich kurz vor dem Schulabschluss 1981 bei den Tuscon-Philharmonikern um eine Orchesterstelle bewarb, nahm seine Mutter einen Kredit auf, um ihm sein erstes eigenes Instrument zu finanzieren: „Die Jungs haben mich ziemlich blöd angeschaut, als ich das kostbare Ding selber staunend auspackte und zu spielen begann.“ Er bekam nicht nur einen Platz im Orchester, sondern gleich auch noch den 2. Platz bei der renommierten Chevron Music Competition in Arizona. „Ich hatte erst zwei Wochen in unserem Schulchor gesungen, im Gegensatz zu allen Konkurrenten fast nichts vorbereitet und war nur auf Anraten meines Chorleiters hingegangen.“
Ein Stipendium war die Folge, mit dem er 1982 an der renommierten Interlochen Arts Academy in Michigan ein breit angelegtes musik- und geisteswissenschaftliches Studium beginnen konnte. Bis dahin hatte er noch zwischen Musik und Jura geschwankt. Am Pomona College in Claremont (Kalifornien) setzte er sein Studium der Musikwissenschaft und insbesondere der Bassposaune fort und schloss es 1986 mit Auszeichnung ab. Schon vorher war er als Austauschstudent nach Salzburg gekommen, hatte im Festspielchor mitgewirkt und z.B. unter Herbert von Karajan gesungen. Als der Chorleiter ihm 1985 eine zufällig frei gewordene Chorstelle in Salzburg anbot, fiel endgültig seine Entscheidung für den Gesang. „Der Vertrag ließ zwar so lange auf sich warten, dass ich Zweifel bekam. Aus Kalifornien rief ich dann meinen Salzburger Gesangslehrer an und hörte, dass man mich dort schon in einem Monat erwartete - die Briefe waren offenbar auf dem Postweg verloren gegangen. Ich kündigte Knall auf Fall meinen Vertrag bei einer Bank, wo ich arbeitete, um mein Studium zu finanzieren - die Kollegen bereiteten mir übrigens einen tollen Abschiedsempfang und waren irgendwie stolz, dass ich jetzt als Sänger nach Salzburg ziehen wollte.“ Zum Examen flog er noch mal nach Amerika zurück und studierte dann ab 1986 Gesang am Salzburger Mozarteum bei den Professoren Rudolf Knoll und Paul Schilhawsky, nahm an Meisterkursen von Elisabeth Schwarzkopf teil, lernte sein fast akzentfreies Deutsch und schloss seine Ausbildung 1989 mit dem Diplom in Lied und Oratorium ab. Nebenbei hatte er auch schon in diversen kleineren Solopartien am Salzburger Landestheater und bei den Festspielen mitgewirkt, viele Stars wie z. B. José Carreras kennengelernt und beim Jedermann an der Seite von Klaus-Maria Brandauer einen Rufer gespielt.
Es zog ihn immer mehr zur Bühne; schon vor dem Diplom hatte er sich in Oberhausen vorgestellt und bekam dort gleich sein erstes festes Soloengagement. Diverse Einladungen z.B. zu Festspielen in Aachen und Recklinghausen folgten. Drei Jahre lang war Mark Morouse dann Ensemblemitglied in Krefeld-Mönchengladbach, suchte aber etwas mehr Sicherheit („Schließlich wollte ich eine Familie gründen.“) - und bewarb sich für den Bonner Opernchor. Giancarlo del Monaco engagierte ihn. Von 1996 bis 2001 sang er hier im Chor. Der Gregorio in Gounods Roméo et Juliette und der Zweite Gralsritter in Wagners Parsifal gehörten zu seinen ersten Soloauftritten. In der Spielzeit 2001/02 überzeugte ihn die künstlerische Betriebsdirektorin Constanze Könemann, doch wieder einen Solovertrag abzuschließen, zunächst als Lyrischer und dann als Kavalierbariton. Inzwischen ist er als Kavalier-/Heldenbariton engagiert, singt aber eigentlich noch alle Typen dieser Stimmlage. Sein Opernrepertoire ist längst auf über 50 Partien angewachsen.
In Bonn standen und stehen allein in dieser Spielzeit z.B. der Papageno in der Zauberflöte (den er übrigens auch schon in Verona verkörpert hat), Almaviva in Figaros Hochzeit, der Herr von Faninal im Rosenkavalier (demnächst auch in Köln), Germont in La Traviata (vor kurzem auch in Wiesbaden), Enrico in Lucia di Lammermoor und Jago in Verdis Otello auf seinem Programm. In der nächsten Spielzeit singt er zum ersten Mal den Marcello in La Bohème; den Schaunard in diesem Werk hat er schon öfter gespielt. Den Demetrius in Brittens A Midsummer Night's Dream spielt er an diesem Abend wieder, leider ist es die letzte Aufführung von Silviu Purcaretes phantastischer Inszenierung. Vor ein paar Wochen ist Mark in dieser Rolle noch in Bremen eingesprungen. „Ich kam spätnachmittags mit dem Auto an, konnte mir zwischen Anprobe und Maske gerade noch ein Video anschauen und stand dann gleich auf der Bühne.“
Eine seiner Lieblingsrollen, den Scarpia in Puccinis Tosca, sang er zuletzt in Braunschweig, Flensburg (kurzfristig in die Premiere eingesprungen, danach fünf weitere Vorstellungen) und Pforzheim. Als Gast ist er ohnehin an vielen deutschen Opernhäusern gern gesehen und häufig auch jenseits der Landesgrenzen zwischen Italien und Island unterwegs. 2004 debütierte er als Zar in Zar und Zimmermann bei den Eutiner Sommerfestspielen, 2005 sang er dort den Alfio in Cavalleria Rusticana und den Tonio in I Pagliacci.
Von seinen verehrten früheren Lehrern wie z.B. dem großen alten Heldentenor James McCray oder dem Mönchengladbacher Logopäden Helmut Kolvenbach, lässt er sich immer noch regelmäßig beraten. Erholung findet er beim Golf- und Tennisspiel. Für Konzerte (Bachs Passionen, das Requiem von Brahms und das von Fauré schätzt er besonders) bleibt aktuell nur wenig Zeit. Zeitgenössische Musik interessiert ihn sehr: „Ich probiere immer gern was Neues aus und singe auch mit unheimlichem Vergnügen vom Blatt. Witzig war's bei Narcissus von Beat Furrer 1998 in der Bundeskunsthalle. „Einen Tag vor Probenbeginn fragte man mich, ob ich den 2. Sprecher übernehmen könnte. Ich habe die ganze Nacht gelernt wie verrückt. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass mein Kollege dieselbe Partie erarbeitet hatte und dass ich eigentlich den 1. Sprecher einstudieren sollte.“
Viel Zeit nimmt sich Mark regelmäßig für die Jugend. Seine Frau ist Grundschullehrerin; gemeinsam mit ihr und häufig auch noch mit Kollegen aus dem Ensemble bereitet er die Kinder einmal im Jahr eine Woche lang auf einen Opernbesuch vor. „Bei Satyagraha (Mark sang den Mr. Kallenbach) z.B. konnten sie ihren Eltern eine Menge über Gandhi erzählen. Bei der Herzogin von Chicago (Mark sang Mr. Bondy) haben sie nach der Vorstellung Charleston getanzt.“
Im Mai wird Mark Morouse übrigens selbst Vater.

Dienstag, 25.02.2014

Zurück

Merkliste

Veranstaltung

Momentan befinden sich keine Einträge in Ihrer Merkliste.


Letzte Aktualisierung: 19.04.2024 21:01 Uhr     © 2024 Theatergemeinde BONN | Bonner Talweg 10 | 53113 Bonn