Günter Riebl - kultur 68 - Juli 2010

Elisabeth Einecke-Klövekorn trifft Günter Riebl: Technischer Direktor am Theater Bonn

Mitte der 80er Jahre bekam der gelernte Maschinenbauer eine Stelle als Bühnentechniker am Alten Schauspielhaus in Stuttgart. „Schon nach drei Tagen war mir klar, dass ich nie wieder was anderes machen wollte“, erzählt Günter Riebl. „Es ist ungeheuer spannend, künstlerische Prozesse zu begleiten und selbst an der Realisierung von Ideen mitzuwirken.“ Seit 2002 ist der gebürtige Schwabe (*1958) Technischer Direktor am Theater Bonn. In dieser Funktion ist er in erster Linie für den reibungslosen Spielbetrieb verantwortlich.
Zu seinen Aufgaben gehören die technische Jahresplanung (an welchem Tag findet wo was statt?), die in Abstimmung mit dem Künstlerischen Betriebsbüro erarbeitet wird. Darüber hinaus ist er verantwortlich für die maschinentechnischen Einrichtungen der Bühnen, Wartung, Instandhaltung und für den Arbeitsschutz. Er betreut Endproben von Oper und Schauspiel bis zur Premiere. „Es ist eine sehr vielfältige Tätigkeit, auch wenn ich viel am Schreibtisch sitzen muss. Freie Wochen­enden sind eher selten. Fünf-Tage-Woche und Acht-Stundentag spielen bei einer leitenden Funktion im Theater keine Rolle mehr.“ Das gilt auch für seinen Stellvertreter, den Technischen Betriebsdirektor Peter Lürenbaum.
Ans Theater kam Riebl über Empfehlungen von Bekannten. „Zu meinem Freundeskreis gehörten einige Leute vom ‚Renitenztheater’ und mehrere Tänzer vom Stuttgarter Ballett. Als ich hörte, dass jemand mit meiner Qualifikation gesucht wurde, bewarb ich mich einfach und hatte Glück“. Anfang der 90er Jahre machte er seine Prüfungen als Bühnen- und Beleuchtungsmeister und gibt seine Kenntnisse und Erfahrungen jetzt regelmäßig als Gastdozent für Bühnentechnik an der „Toneelacademie Maastricht“ an Theaterstudenten weiter. Oft führt er wissbegierige Hochschüler und Fachleute aus diversen Ländern, aber auch neugierige Bonner Theaterbesucher durch die ‚Eingeweide’ der Oper und der Kammerspiele.
Unter Riebls Leitung arbeiten derzeit zehn Theatermeister. „Das hieß früher Bühnenmeister. Die Ausbildung zum „Meister für Veranstaltungstechnik, so die aktuelle Berufsbezeichnung, ist inzwischen ein durch die IHK anerkannter Beruf. Man muss die Vorschriften zum Arbeitsschutz und die Versammlungsstätten-Verordnung kennen sowie gute Kenntnisse in Statik, Elektrotechnik und Personalführung nachweisen. Die Theatermeister sind zuständig für die Sicherheit der Bauten, kennen alle Abläufe einer Produktion und leiten die Arbeit der technischen Mannschaften an.“
Insgesamt sieben Beleuchtungsmeister sind am Theater Bonn beschäftigt, darunter der Beleuchtungsdirektor Thomas Roscher. „Sie sind von Anfang an in die Produktionen eingebunden, in engem Kontakt zu Ton, Requisite und Werkstätten. Bei Bauproben und Werkstattbesprechungen treffen Kunst und Technik mit ihren jeweiligen Erfahrungen zusammen und entwickeln gemeinsam eine Vorstellung von dem Endprodukt. Die Produktionsleiter übernehmen die Ergebnisse dieser Gespräche und erarbeiten alle Planunterlagen für die Herstellung der jeweiligen Dekorationsteile. Jan Schulze ist am Theater Bonn Produktions- und Werkstättenleiter und der erste Ansprechpartner des Bühnenbildners. Er macht aus der Konzeption konkrete Entwürfe, kümmert sich um Konstruktion und Kostenkalkulation.“
Mitte der 90er Jahre ging Riebl als Bühneninspektor an die Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf und wechselte unter der Generalintendanz von Manfred Beilharz als technischer Assistent ans Bonner Schauspiel, wo er 2000 und 2002 die technische Leitung der Bonner Biennale übernahm. Mit den Organisatoren der drei erfolg­reichen Biennale-Fes­tivals unter der Intendanz von Klaus Weise arbeitete Riebl eng zusammen. „Wenn ich in meiner Adressliste krame, finde ich immer noch Telefonnummern und Mail-Adressen aus aller Welt. Es war eine tolle Zeit, wo man sich mit Kollegen aus vielen Ländern traf, manchmal die Nächte durcharbeitete und unglaublich viel erfuhr. Die Biennalen waren für mich die Highlights im Bühnenalltag. Glücklicherweise haben wir in Bonn jetzt noch etwas internationales Flair mit den Tanzgastspielen.“
2002 endete die Generalintendanz von Manfred Beilharz und damit auch die Ära des teilweise vom Bund finanzierten Hauptstadttheaters in Bonn. Der damalige Kaufmännische Direktor Rolf Oltmanns berief Günter Riebl zum Technischen Direktor des damals noch drei Sparten umfassenden Theaters Bonn und betraute ihn mit der schwierigen Aufgabe, in kurzer Zeit die technischen Abteilungen so umzustrukturieren, dass ein qualitativ hochwertiges Programm bald mit einem Drittel weniger Geld (genau: statt mit einem Gesamtbudget von 45 mit einem von 31 Mio. Euro) möglich wäre. Beispiele für solch radikale Einschnitte gab es bundesweit nicht.
Riebl schilderte das, was einvernehmlich anzupacken war, kürzlich in einem Sonderband der Bühnentechnischen Rundschau, einer Publikation der Deutschen Theatertechnischen Gesellschaft (DTHG): „Für die technischen Abteilungen hatte das tiefgreifende Folgen. Leitungs- und Personalstrukturen wurden sparten- und spielstättenübergreifend angelegt. Ein Techniker oder Beleuchter aus der Oper konnte somit auch im Sprechtheater oder umgekehrt eingesetzt werden. (…) Bühnenproben an den Vorstellungstagen auf den Hauptbühnen haben wir quasi abgeschafft. (…) Wir legen die Probenphasen auf die besucherschwachen Tage am Wochenbeginn.“ Seit dem Beginn der Generalintendanz von Klaus Weise 2003 wurden mehr als 200 Arbeitsplätze am Theater Bonn weggespart. Dennoch gelang der Kraftakt, die Vorstellungs- und Besucherzahlen ohne Einbrüche beim künstlerischen Niveau konstant zu halten.
2008 rollte die nächste Sparwelle an. Der Etatkürzung um knapp drei Millionen Euro fielen die Tanzsparte und die Biennale zum Opfer. Alle am Theater Bonn Beschäftigten haben sich bemüht, das Publikum so wenig wie möglich davon spüren zu lassen, dass man hinter den Bühnen fast schon auf dem Zahnfleisch geht. Defekte bei der grundsätzlich hochwertigen, sorgfältig gepflegten Technik der Häuser im Zentrum, Beuel und Bad Godesberg wurden in Eigenleistung repariert. Überall wurde mit Fleiß daran gewirkt, dass die Zuschauer nicht merken, wie groß der Sanierungsstau hinter den Kulissen bereits ist. „Wie aber mit weiteren Sparschritten umgegangen werden kann“, gibt Riebl beim mittäglichen Kaffee in einer italienischen Godesberger Cafeteria ganz klar zu, „dazu fehlt mir im Augenblick die Fantasie“. Das Wunderbare ist: Alle arbeiten trotz aller drohenden Mittelkürzungen auf und hinter den Bühnen weiter hoch motiviert und mit Freude. Natürlich sind auch Günter Riebls Kinder Clara (11) und Franz (8) begeisterte Theaterfans, die sich zusammen mit ihren Eltern gern viele Stücke anschauen.
„Außerdem finde ich die Zusammenarbeit mit der Theatergemeinde Bonn klasse und freue mich immer schon auf Euren Theaterspaziergang zum Welttheatertag. Ihr habt wirklich besonders gute Leute im Team. Ohne das Engagement von Juliane Schmidt-Sodingen in unserem Dachverband DTHG wäre z.B. die letzte Bühnentechnische Tagung Ende Mai in Gelsenkirchen nicht so erfolgreich gelaufen.“ Das Lob von Günter Riebl für Juliane, die neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit noch viel für die TG Bonn arbeitet, bestätige ich gern.

Dienstag, 25.02.2014

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