Szymanowski, Karol Maciej (1882 - 1937)

aus kultur Nr. 57 - 5/2009

Szymanowski stammte aus einer adligen Familie, die sich seit dem 18. Jahrhundert in der Ukraine angesiedelt hatte; geboren wurde der Komponist in Tymoszówka (damals Gouvernement Kiew). Bevor er die Musikschule besuchte, erhielt er den ersten Klavierunterricht von seinem Vater. Von seinen frühen Kompositionen wurden nur neun Klavierpräludien als op. 1 veröffentlicht. Von 1901-04 nahm er in Warschau Privatstunden in Harmonielehre bei Marek Zawirski und in Kontrapunkt und Komposition bei Zygmunt Noskowski. Mit der finanziellen Unterstützung des Fürsten Wladyslaw Lubomirski gründete Szymanowski 1905 zusammen mit den Komponisten Fitelberg, Rózycki und Szeluto den „Vereinsverlag Junger Polnischer Komponisten“. Dadurch konnten sie eigene Werke veröffentlichen und Konzerte mit Neuer polnischer Musik organisieren. Ihre Gruppe „Junges Polen der Musik“ bestand bis etwa 1912. 1910 gewann Szymanowski den ersten Preis bei einem Wettbewerb in Lwów (Lemberg) für seine 1. Klaviersonate.
Seit 1908 begab er sich häufiger auf Reisen; in Italien studierte er die Kunst und Kultur des Mittelmeerraumes. In Wien wurden einige seiner Werke erfolgreich aufgeführt und er schloss einen Vertrag mit dem Verlag Universal Edition (UE) ab. Hier lernte er auch die Musik Strawinskys, Mahlers, Debussys, Ravels, Schrekers und des Schönberg-Kreises kennen. In Nordafrika besuchte er Algier, Biskra und Tunis. Nach der Wiedererrichtung des polnischen Staats siedelte Szymanowski 1919 nach Warschau über. 1920 fuhr er nach Wien, Paris und London; im Folgejahr unternahm er seine erste Reise in die USA.
Seit den 1920er Jahren stieg Szymanowskis Popularität. Er erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter ihnen 1937 (postum) das Große Ordenskreuz der Polnischen Wiedergeburt erster Klasse. Besonders erfolgreich waren die europäische und amerikanische Aufführung des Stabat mater, die szenische Uraufführung von Harnasie (Prag 1935), sowie seine 4. Symphonie, bei der Szymanowski meistens selbst als Pianist mitwirkte. Nach der erfolgreichen Uraufführung seiner Oper Król Roger op. 46 in Warschau 1926, wurde er im Jahr darauf zum Direktor des Staatlichen Konservatoriums für Musik berufen. 1929 trat er von diesem Amt zurück, wurde jedoch nach der Reorganisation und Erhebung der Institution in den Status einer Hochschulakademie als erster Rektor eingestellt. 1932 demissionierte er endgültig, nachdem seine strukturellen und ideellen Neuerungen immer wieder auf Widerstand stießen.
Zu dieser Zeit wurde bei Szymanowski Lungentuberkulose diagnostiziert. Als Folge der anstrengenden Konzertreisen, die Szymanowski zur Aufführung seiner Werke ins Ausland unternahm, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand. Er starb in einer Klinik in Lausanne. Sein Leichnam liegt in der Krypta der verdienstvollen Persönlichkeiten in der Kirche auf der Skalka in Krakau.
Szymanowski war Zeit seines Lebens äußerst aufgeschlossen gegenüber den Anregungen anderer Künste und Kulturen. Während seine frühen Werke noch ganz in der Tradition der russischen und deutschen Spätromantik standen, entwickelte er in den Jahren 1914-19 einen Stil, der von impressionistischen und orientalischen Klangvorstellungen geprägt war. Er bevorzugte ganztönige, pentatonische (s.u.) und exotische Tonleitern und bediente sich einer hochdifferenzierten Instrumentationstechnik. In seinen Vokalwerken vertonte er Texte antiken und orientalischen Inhalts und Lyrik persischer Dichter. In dem Text der Oper Król Roger, an der Szymanowski seit 1918 arbeitete, vermischen sich byzantinisch-christliche Motive mit Elementen des antiken Dionysos-Kults.
Seit 1920 entdeckte Szymanowski die polnische Volksmusik als Inspirationsquelle für seine Werke. Die Musik der Podhale-Region (Hohe Tatra) übte dabei einen besonderen Reiz auf ihn aus; diese lernte er durch seine Sommeraufenthalte in Zakopane kennen.
Zu seinen letzten Werken zählt die Litania do Marii Panny op. 59, deren zwei fertig gestellte Sätze eine verhaltene Emotion und lyrische Sanftmut offenbaren. Sein letztes, nicht mehr realisiertes Kompositionsprojekt war das Ballett Odyseusz nach Homer.

Szymanowski schrieb kurz vor seinem Tod über sich selbst: „Innerhalb des Komplexes der Ereignisse, die mein Leben bilden, muß ich eine der „Interpretationen“ wählen und mich bei ihrer Wahl von einem gewissen Nützlichkeitsstandpunkt leiten lassen, von der Frage, was in meinem Wesen den entscheidenden dynamischen und aktiven Faktor bildet. (...) Ich stehe einigermaßen ratlos vor dem gewaltigen Reichtum meines inneren und äußeren Lebens und weiß im voraus, daß ich jene „magische Formel“ nicht finden werde.“

Lesetipps: - Begegnung mit Karol Szymanowski, Ilona Reinhold (Herausgeber), Reclam.
Hörtipps:
- Stabat Mater, Symphony No. 3 „Song of the Night“, Simon Rattle, Elzbieta Szmytka, Florence Quivar, John Connell, Jon Garrison, CBSO Chorus, City of Birmingham Symphony Orchestra, EMI.
- Lieder: Lieder der Märchenprinzessin op. 31, Lieder des verliebten Muezzins op. 42, Orfeo.
- Harnasie, Mandragora, Etude for Orchestra, Henry Grychnik, Stanislaw Meus, Polish State Philharmonic Chorus + Polish State Philharmonic Orchestra (Katowice), Karol Stryja, Marco Polo.

Mittwoch, 05.01.2011

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