Karg-Elert, Sigfrid (1877 - 1933)

kultur 100 - November 2013

Der deutsche Komponist war das jüngste von zwölf Kindern des Buchhändlers Johann Jacob Karg und von Marie Auguste, geb. Ehlert. Eigentlich hieß der Komponist Siegfried Theodor Karg, er änderte seinen Namen jedoch mit seiner beginnenden Tätigkeit als Klavierlehrer im Jahre 1901. 1882 zog die Familie von Oberndorf am Neckar nach Leipzig, wo Sigfrid im neugegründeten Chor der Johanniskirche sang, privaten Klavierunterricht erhielt und schon bald erste Werke komponierte. Dank eines dreijährigen Stipendiums studierte er am Leipziger Konservatorium u.a. bei Carl Reinecke und Robert Teichmüller. Seit 1901 wirkte Karg-Elert am Sannemannschen Konservatorium der Musik in Magdeburg als Klavierlehrer, ein Jahr darauf auch am Magdeburger Neuen Konservatorium für Musik, kehrte jedoch bald wieder nach Leipzig zurück. Die Änderung seines Namens war für seine Tätigkeit als Klavierlehrer erforderlich, da er Ähnlichkeit mit dem in Magdeburg lebenden Kaufmann Karger hatte. Der Komponist fügte seinem Nachnamen daher den Mädchennamen seiner Mutter hinzu, jedoch ohne „h“, und schrieb seinen Vornamen nun ohne „e“.
Von Edvard Grieg ermuntert, widmete sich Karg-Elert verstärkt der Komposition, zunächst überwiegend der Klaviermusik. 1904 machte der Musikverleger und Harmoniumspezialist Carl Simon den Komponisten auf die Möglichkeiten des Kunst­harmoniums aufmerksam. Karg-Elert brachte sich das Spielen auf diesem Instrument selbst bei und komponierte bis zu seinem Lebensende zahlreiche und bedeutende Werke für Harmonium, unter ihnen auch Unterrichtswerke, wie die Theoretisch-praktische Elementar-Schule und Kunst des Registrierens mit 1000 Beispielen für alle Systeme. 1909 schrieb Karg-Elert mit den 66 Choralimprovisationen op. 65 seine ersten Beiträge zur Orgelliteratur, denen noch viele weitere Werke für Orgel folgen sollten.
Im ersten Weltkrieg absolvierte Karg-Elert seinen Militärdienst als Regimentsmusiker. Seit 1919 war er Dozent für Musiktheorie und Komposition am Leipziger Konservatorium, 1932 wurde er dort zum Professor ernannt. Als Organist genoss Karg-Elert auch im Ausland Anerkennung; eine Orgelkonzerttournee durch die USA im selben Jahr war jedoch leider wenig erfolgreich.
Der Komponist starb bereits 55-jährig an den Folgen einer Diabeteserkrankung. Sein Grab befindet sich auf dem Leipziger Südfriedhof.

Karg-Elert komponierte vor allem für Orgel, Harmonium und Klavier, sonst überwiegend für kleinere Besetzungen Kammermusik, Lieder und Chorwerke und kaum Orchestermusik. Insbesondere in den Orgelwerken zeigen sich aber ausgeprägt sinfonische Klangvorstellungen. Sein riesiges Orgelwerk enthält mehrere Zyklen von Choralbearbeitungen und ca. 60 Lieder-Zyklen beinhalten ein Dutzend geistliche Lieder in Fassungen für Singstimmen und Harmonium und/oder Orgel. Auf dem Gebiet der Choralbearbeitung erreichte Karg-Elert einen Formenreichtum, der sich bei keinem anderen Komponisten seiner Epoche findet.
Der Komponist zeichnete sich durch eine Überfülle an Gedanken und Ideen für kompositorische Formen, Instrumentierungen und Gattungen aus. Er setzte sich mit impressionis­tischen Klangvorstellungen auseinander und ging in seinen Werken bis an die Grenzen der Tonalität. Karg-Elert verfügte über ausgezeichnete musiktheoretische Kenntnisse. Er entwickelte ein theoretisches System, nach dem jeder Klang innerhalb einer tonalen Ordnung funktional erklärbar ist. Seine Schüler Fritz Reuter und Paul Schenk entwickelten seine Theorien weiter.
Der kosmopolitische Musikstil des Komponisten stand der Nationalisierung des deutschen Musikbetriebs entgegen. Postum wurde Karg-Elert 1935 als „nichtarischer Musikbeflissener“ sogar – obwohl er gar kein Jude war – in die Veröffentlichung von „Das musikalische Juden-ABC“ aufgenommen. Trotz der Korrektur im Jahr darauf schadete dieser Umstand der Rezeption seiner Werke für viele Jahre. Erst seit den 1970er Jahren entwickelte sich wieder ein breiteres Interesse an Karg-Elerts Musik. E.H.

Hörtipps:
- Harmonium Works Vol. 4, Johannes M. Michel, cpo.
- Piano Works Vol. 2, Ernst Breidenbach, cpo.
- Das geistliche Chorwerk, GewandhausChor, Vocalconsort Leipzig, Stefan Engels, Gregor Meyer, Genuin.

Dienstag, 03.12.2013

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