Händel, Georg Friedrich (1685 - 1759)

aus kultur Nr. 42- 12/2007

„Wen halten Sie für den größten Komponisten, der je gelebt?“ Auf diese Frage antwortete seinerzeit L. van Beethoven unverzüglich: „Händel“ und diese Meinung teilte er mit vielen anderen berühmten Persönlichkeiten. Bereits zu seinen Lebzeiten hatte der in Halle geborene Komponist (eigentlich: Georg Friederich Händel) den Status eines Klassikers erreicht. Erstaunlicherweise gründet sich der Ruhm Händels vor allem auf einem Werk: dem Oratorium "Messias", dessen bekanntestes Stück das "Hallelujah" ist. Dabei hat, nach Berechnungen von Donald Tovey, Händel ebenso viel komponiert wie Bach und Beethoven zusammengenommen. Dennoch ist der größte Teil seiner Kompositionen heute nach wie vor unbekannt.
Händel komponierte unzählige Bühnenwerke, unter ihnen "Agrippina", "Giulio Cesare in Egitto" und "Serse"; zahlreiche Oratorien, wie "Jephta", "Saul", "Judas Makkabäus", "Semele"; weltliche Vokalmusik und Instrumentalwerke, z.B. die Feuerwerksmusik und die Wassermusik, sowie Konzerte für „sein“ Instrument: die Orgel.
Innerhalb dieses umfangreichen Œuvres galt Händels wahre Liebe eindeutig der Oper. Bereits seine in Italien entstandenen Continuo-Kantaten enthalten alle den Keim einer Opernszene. Die in Deutschland und Italien begonnene und in London fortgesetzte unermüdliche Produktion von Opern offenbart Händels Genialität auf diesem Gebiet: Seine Sicherheit bei der Umsetzung von starken menschlichen Emotionen und bei der harmonischen Verbindung von Drama mit musikalischem Effekt paart sich mit einem herausragenden Verständnis für das psychologische Wechselspiel, das im Rahmen einer Oper entstehen kann. Die Da-capo-Arie wurde besonders für Händel zum vorrangigen Mittel der dramatischen Gestaltung. Die Spannung zwischen den agierenden Personen wird in aufeinander folgenden Arien dargestellt. Reine stimmliche Virtuosität übte dabei eine gewaltig inspirierende Wirkung auf den Komponisten aus. Händel hatte daher ein dauerhaftes Interesse daran, dass nur die besten verfügbaren Stimmen seine Musik interpretierten. Aus diesem Grund begab sich der Komponist öfters auf Reisen, um die Stars der italienischen Oper für die Bühne in London zu engagieren.
Aus Änderungen in seinen Werken geht hervor, dass Händel die Musik an die stimmlichen Möglichkeiten der jeweiligen Sänger anpasste.
Als Händel nach 36 erfolgreichen Jahren beim englischen Publikum mit seinen Opern scheiterte, wandte er sich schließlich einer Musikform zu, die er in ihrer englischen Ausprägung zum größten Teil selbst schuf: dem Oratorium (s.u.). Dieser dramatischen Form blieb er bis zu seinem Tode treu. Das bekannteste Oratorium, "Messias", das Händel auch international berühmt machte, wurde seit seiner Entstehung bis heute immer wieder aufgeführt - teilweise in bombastischen Besetzungen: Einen Höhepunkt bildete eine Aufführung im Jahre 1883 mit 500 Orches­termusikern und 4000 Sängern (zu der übrigens 87769 Zuschauer kamen).
Händel zeichnete sich durch einen unermüdlichen Arbeitseifer und große Experimentierfreude aus. Bei seinen Kompositionen griff er häufiger sowohl auf eigene wie auf Werke anderer Komponisten zurück, was ihm - obwohl seinerzeit eine gängige Praxis - des Öfteren vorgeworfen wurde.
Händel war berühmt für sein außergewöhnliches Spiel auf der Orgel. Immer wieder wird die Faszination, die von seinem besonders kraftvollen Spiel ausgeht, beschrieben und sein unglaubliches Improvisationsvermögen hervorgehoben. Bis ins hohe Alter, sogar als er bereits erblindet war, spielte er noch auf „seinem“ Instrument.
Zu Ehren des Komponisten wurde bereits zu seinen Lebzeiten in Vauxhall Gardens eine Marmorstatue von Louis François Roubiliac aufgestellt - ein bis dato einzigartiger Vorgang. Ebenso war Georg Friedrich Händels Lebensbeschreibung von John Mainwaring die erste Biographie eines Komponisten, die jemals veröffentlicht wurde.
Händels Leichnam wurde im Südkreuz der Westminster Abbey beigesetzt. George Bernard Shaw äußerte sich im Jahre 1913 über den Komponisten: „Von Händel habe ich gelernt, daß Stil auf Überzeugungskraft beruht. Wer mit einem Schlag etwas so sagen kann, daß es darauf keine Widerrede gibt, hat Stil; wer dies nicht kann, ist bestenfalls ein musikalischer Konditor, oder einer, der Fächer mit Amoretten und Kokotten bemalt. Händel hatte diese Kraft... Man kann verabscheuen, was man will, aber man kann Händel nicht widersprechen.“ Und W. A. Mozart sagte seinerzeit: „Händel weiß am besten unter uns allen, was großen Effekt tut, wo er das will, schlägt er ein, wie ein Donnerwetter." E.H.

Zum Nachlesen:
• Christopher Hogwood, Händel, Insel.

Zum Nachhören:
• G.F. Händel, Der Messias, Münchner Bach-Chor, Münchner Bach-Orchester, Karl Richter, Deutsche Grammophon.
• -, Giulio Cesare, Dietrich Fischer-Dieskau, Karl Richter, Deutsche Grammophon.
• -, Feuerwerksmusik, Wassermusik, Suiten 1-3, Sir Neville Marriner, Academy of St. Martin in the Fields, Philips.

Mittwoch, 05.01.2011

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