Gershwin, George (1898 - 1937)

aus kultur Nr. 58 - 6/2009

Der im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene Komponist war der Sohn russisch-jüdischer Einwanderer. Sein Vater Morris Gershovitz heiratete 1895 Rose Bruskin. Das Paar hatte vier Kinder: Ira, George (der eigentlich Jakob hieß), Arthur und Frances. George Gershwin entwickelte schon früh besondere Fähigkeiten im improvisatorischen Klavierspiel nach Songmelodien und Jazzthemen. Mit 14 Jahren erhielt er Klavierunterricht bei Charles Hambitzer. Drei Jahre später wurde Edward Kilenyi sein Kompositionslehrer.
In der Tin Pan Alley, dem Sitz zahlreicher Musikverlage im so genannten Bezirk in der 28. Straße zwischen ­Broadway und 5. Avenue, arbeitete Gershwin 1914-17 als Song Plugger bei Jerome H. Remick & Co. In dieser Funktion hatte er die Aufgabe, Interessenten des Show-Geschäfts (Sängern, Musikern, Tänzern und Kapellmeistern) die von den Verlagshäusern erworbenen Schlager vorzuspielen, damit diese die Vortragsrechte erwarben. Trotz der Eintönigkeit dieser Arbeit, bei der Gershwin stundenlang in einer engen Box auf dem Klavier spielen musste, war diese Zeit für den Komponisten sehr wichtig: Hier entwickelte er das Gespür für die Effektivität eines Songs. Außerdem knüpfte er Kontakte zu Komponisten wie Jerome Kern und Irving Berlin, dem Geschwisterpaar Fred und Adele Astaire, die später Interpreten seiner Musicals wurden, oder dem Textdichter ­Irving Caesar.
Seit 1916 komponierte Gershwin Songs, die in Revue-Programmen verwendet wurden. Am Broadway reüssierte er 1919 mit dem Musical La-La-Lucille!. Durch die Schallplattenaufnahme des Songs Swanee, gesungen von Al Jolson (1920), wurde Gershwin schlagartig berühmt.
Der erste gemeinsame Erfolg der Brüder Ira und George wurde 1922 das Lied I’ll Build a Stairway to Paradise. Ira lieferte seitdem für zahlreiche Songs die Texte. Ihre erste gemeinsame vollständige Broadway-Show war Lady, Be Good! Mit diesem Musical erlebten Fred und Adele Astaire ihren Broadway-Durchbruch (1924) und es begann die Zusammenarbeit mit den Produzenten Alex Aarons und Vinton Freedley, für die Gershwin seine erfolgreichsten Shows schrieb. Seit 1924 wurden einige Musicals auch in London aufgeführt.
1923 trat Gershwin erstmals als Interpret in einem Konzert der Sängerin Eva Gauthier in der New Yorker Aeolian Hall auf und erregte großes Aufsehen durch sein Klavierspiel bei der Begleitung von (auch eigenen) „Amercian Popular Songs“.
Im selben Jahr bat Paul Whiteman, Begründer und Leiter des berühmten gleichnamigen Orchesters, Gershwin um eine Komposition „in a jazz idiom“. Dieses Anliegen machte den Komponisten endgültig berühmt: 1924 wurde die Rhapsody in Blue für Klavier und Orchester aufgeführt. Das Anfangsthema dieses Werks wurde, neben dem Song Swanee weltweit zu Gershwins Erkennungsmelodie.
Als Solist seines Concerto in F for Piano and Orchestra trat Gershwin 1925 erstmals in der Carnegie Hall auf. Das Ergebnis einer Europareise war 1928 die Komposition des Orchesterwerks An American in Paris, laut Gershwin ein „rhapsodisches Ballett“. Nach einer Kuba-Reise entstand die Cuban Overture (1932).
Im selben Jahr nahm Gershwin nochmals Unterricht bei Joseph Schillinger, der ein mathematisch-statistisches System zur Kompositionsanleitung entwickelte.
Gershwins heutzutage bedeutendstes Werk erlebte 1935 seine Uraufführung: die Volksoper Porgy and Bess, nach dem Roman Porgy von DuBose Heyward. Die Filmrechte für diese Oper gingen 1952 an Samuel Goldwyn; 1959 hatte der Zweieinhalb-Stunden-Film Porgy and Bess mit Sidney Poitier und Dorothy Dandridge als Titelpaar Premiere.
Seit 1930 komponierte Gershwin Filmmusik. Mehrere seiner Musicals wurden später verfilmt, unter ihnen An American in Paris (1951), ein Tanzfilm in der Choreographie von Gene Kelly. Immer wieder wurden Kompositionen von Gershwin für Filmmusiken verwendet; beispielsweise verwendete Woody Allen für Manhattan (1978) ausschließlich Musik des Komponisten.
Gershwin, der mit nur 38 Jahren an einem Gehirntumor starb, war ein Komponist unübertrefflich mitreißender Musik. Die Erfindung tragfähiger Melodien, die zum Nachsingen anregen, war seine eigentliche Stärke. Gershwin war als Interpret ein Naturtalent auf dem Klavier und besaß ein enormes Ausdrucksvermögen. Ihn auf einer Party oder im Konzert Klavier spielen zu hören, wird immer wieder als außergewöhnliches Erlebnis geschildert.
Zusätzlich zu seiner Musikbegeisterung wandte er sich - neben der Sammlung von Kunstobjekten - seit etwa 1929 selbst der Malerei zu und fertigte viele Zeichnungen an. Zu seinen berühmtesten Bildern zählt ein 1937 entstandenes Ölportrait seines Tennisfreundes Arnold Schönberg, das heute in der Library of Congress in Washington verwahrt wird.
Schönberg äußerte über Gershwin 1937: „Musik war für ihn die Luft, die er atmete, die Speise, die ihn nährte, der Trank, der ihn erfrischte. Musik war das, was sein Gefühl erweckte, und Musik war das Gefühl, das er ausdrückte. Unmittelbarkeit dieser Art ist nur großen Männern zu eigen, und es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß er ein großer Komponist war. Was er vollbrachte, kam nicht nur der amerikanischen Musik zugute, sondern es war auch ein Beitrag zur Musik der ganzen Welt.“

Lesetipps:
Hanspeter Krellmann, George Gershwin, Rowohlt.
Wolfram Schwinger, Gershwin, Goldmann Schott.

Hörtipps:
Rhapsody in Blue, An American in Paris, “Porgy and Bess“ Suite, Cuban Overture, James Levine, Chicago Symphony Orchestra, DG.
Kiri Sings Gershwin, Kiri Te Kanawa, John McGlinn & The New Princess Theater Orchestra, EMI.

Mittwoch, 05.01.2011

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